Bundespäsident lädt Schulclub ein

Horst Köhler im Gespräch mit Jugendlichen

„Ich hätte nicht gedacht, dass das so extrem ist“, sagt der 18-jährige Martin Pannier – während am Eingang des Bitterfelder Jugendclubs „Linde“ die Besucher von Sicherheitsleuten mit Detektoren abgetastet werden. Zwei Stuhlreihen hinter ihm entbrennt zwischen drei Jugendlichen eine Diskussion, wer von ihnen die beste Rednerin ist und damit die Aufgabe hat, später eine Frage zu stellen. Nervosität liegt in der Luft. Das ist auch kein Wunder, schließlich schauten gestern der Bundespräsident Horst Köhler und seine Frau Eva Luise in dem Jugendclub vorbei.

„Ich wollte das erst nicht glauben“, sagt „Linde“-Leiterin Elfie Scharske. Seit Mitte September weiß sie von dem geplanten Besuch. In den vergangen Tagen hat sie mit den Jugendlichen noch Tische verrückt, Gläser poliert und Dekorationen aufgestellt. Und dann ist er da. Ganz plötzlich – und in Begleitung einer ganzen Armada von Medienvertretern. Nachdem sich Horst Köhler in das Goldene Buch der Stadt eingetragen und Elfie Scharske den Jugendclub vorgestellt hat, präsentieren Mitglieder des Schulclubs am Gymnasium Wolfen-Stadt ihr neues Projekt: Sie wollen in Marokko eine Grundschule und ein Krankenhaus mit Solarzellen ausstatten. Dafür arbeiten sie mit verschiedenen Firmen in der Region zusammen. Aber es bräuchte noch mehr Unterstützung – gerade weil auch andere Projekte verwirklicht werden sollen. „Es gibt immer einen Weg“, sagt daraufhin Köhler – er werde seinen Mitarbeitern von dem Projekt berichten.

Auch sonst zeigen sich die Jugendlichen höchst interessiert. „Was halten Sie von der immer noch nicht zu 100 Prozent um,gesetzten Gleichberechtigung von Mann und Frau?“, fragt etwa eine Jugendliche aus der Schülervertretung der Helene-Lange-Schule in Bitterfeld. „Da gibt es noch einiges aufzuarbeiten“, antwortet Horst Köhler, „meine Frau erinnert mich immer wieder daran.“ Ob sie dem Bundespräsidenten einmal einen Besuch abstatten könnten in seinem Schloss, fragen indes die Wolfener Schüler ganz clever – worauf diesem nichts anderes übrig bleibt, als eine Einladung auszusprechen.

„Er ist wirklich ganz cool“, zeigt sich Alexander Möhring, 18, aus Bitterfeld begeistert, als in dem Jugendclub schon wieder laute Musik aus den Boxen dröhnt – schließlich ließ sich der Bundespräsident am Ende seines Besuchs spontan zu einer kleinen Runde Billard mit ihm überreden. Tino Perkuhn findet es toll, dass Horst Köhler sich um die Jugend kümmert. Und meint: „Das war krass, wie er so aus dem Nichts heraus die vielen Fragen beantworten konnte.“

 

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung vom 12.09.2006
Autorin: Antonie Städter